Sonntag, 29. November 2015

Radio-Geschichte. 29. November

Der 29. November in der Geschichte des Radios:

Am 29. November 1917 wurde der deutsche Radio-Reporter Herbert Antoine Arthur Zimmermann geboren. Berühmt wurde er 1954 mit seiner legendären Reportage vom Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern.

Das Fernsehen steckte 1954 noch in den Kinderschuhen. Nachrichten mit aktuellen Bildern gab es vor allem in den Wochenschauen der Filmtheater vor einem aktuellen Kinofilm. Das einzige umfassende Informationsmedium war damals das Radio.
Vom Filmmaterial zum so genannten "Wunder von Bern" sind heute nur noch 18 Minuten vorhanden, die Tonspur gilt als verschollen. Die Bilder der Torszene werden immer mit Herbert Zimmermanns Radiokommentar unterlegt. Hier die berühmtesten Ausschnitte:

Sechs Minuten noch im Wankdorf-Stadion in Bern. Keiner wankt. Der Regen prasselt unaufhörlich hernieder. Es ist schwer, aber die Zuschauer, sie harren nicht aus, wie könnten sie auch! Eine Fußballweltmeisterschaft ist alle vier Jahre, und wann sieht man ein solches Endspiel, so ausgeglichen, so packend – jetzt Deutschland am linken Flügel durch Schäfer, Schäfers Zuspiel zu Morlock wird [...] abgewehrt, und Bozsik [...], der rechte Läufer der Ungarn, am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer, Schäfer nach innen geflankt – Kopfball – abgewehrt – aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt! – Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor! [...] Halten Sie mich für verrückt, [...] ich glaube, auch Fußballlaien sollten ein Herz haben, sollten sich [...] mitfreuen und sollten jetzt Daumen halten.

Bei der Verteidigung des 2:2 geriet Zimmermann wegen der Reflexe von Torhüter Toni Turek  so außer sich, dass er die Worte „Turek, du bist ein Teufelskerl – Turek, du bist ein Fußballgott“ aussprach. Teufelskerl und Fußballgott – wie passt das zusammen? Tatsächlich musste sich Zimmermann hinterher wegen des Begriffs „Fußballgott“ öffentlich entschuldigen. Es wurde sogar diskutiert, ob Zimmermann weiter als Sportreporter arbeiten dürfe.

Die Reportage am Ende des Spiels:

„Es kann nur noch ein Nachspiel von einer Minute sein. Deutschland führt [...], aber es droht Gefahr, die Ungarn auf dem rechten Flügel – jetzt hat Fritz Walter den Ball [...] ins Aus geschlagen. Wer will ihm das verdenken? Die Ungarn erhalten einen Einwurf zugesprochen, der ist ausgeführt, kommt zu Bozsik – Aus! Aus! Aus! – Aus! – Das Spiel ist aus! – Deutschland ist Weltmeister, schlägt Ungarn mit drei zu zwo Toren im Finale in Bern! … Nach diesen 30 Sekunden, die Sie dem Reporter verzeihen müssen [...], wollen wir versuchen, in normaler Lautstärke und einigermaßen ruhig Ihnen das weitere Geschehen hier zu schildern. Hundert, zweihundert Fotografen auf dem Spielfeld, Angehörige der Schweizer Armee bilden mit einem Seil ein Karree. Die deutsche Mannschaft - Weltmeister 1954! - ist vollkommen im Mittelpunkt der Ovationen, daneben stehen die Ungarn, die Ungarn, ruhig, gesammelt, ein Kompliment für diese Jungens, die großartig verlieren können.

Die Reportage zum Spiel ist auch auf YouTube zu finden:



Genau 50 Jahre nach dem Endspiel wiederholte am 4. Juli 2004 der Deutschlandfunk zur selben Tageszeit in Erinnerung an das Finale die Rundfunkreportage von Herbert Zimmermann. Sie wurde vom NDR auch auf zwei CDs veröffentlicht (Das Endspiel von Bern. Fussball-WM 1954. Ungekürzte Original-Reportage des NDR, mit Herbert Zimmermann, Robert Lembke. 2 CDs, AAD, Mono, 106:30 min, 4-seitiges Booklet, NDR Audio, Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, ISBN 3-455-32026-0 - siehe Foto oben)

Herbert Zimmermann informierte auch bei den nächsten Fußball-Weltmeisterschaften die Radiohörer. Seine letzte Radioübertragung war das ebenso legendäre Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 in England, das Deutschland mit 2:4 gegen England verlor, und das durch das umstrittene Wembley-Tor entschieden wurde.

Am 16. Dezember 1966 starb er an den Folgen eines Autounfalls.

Foto: NDR-Audio

Weitere Ereignisse aus der Radiogeschichte:

Am 29. November 1964 moderierte Dean Anthony seine erste Sendung bei WMCA-AM, New York. 22 Jahre lang zeichnete er für das Programm des Senders WHLI-AM, Long Island verantwortlich, ehe er ab Mitte der sechziger bis in die siebziger Jahre hinein ein "Good Guy" des Senders WMCA-AM  wurde. Außerdem arbeitete er für die Sender WWDJ-AM und WTFM-FM. 

Am 29. November 1969 kletterte die Beatles-Single "Come Together" auf Platz 1 der Radio-Charts.

Geburtstage:

Am 29. November 1900 wurde Mildred Elizabeth Gillars geboren. 1948 stand sie als "Axis Sally" wegen Landesverrats vor Gericht. Ihr Anwalt plädierte auf unschuldig, trotzdem wurde sie zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie während des 2. Weltkrieges über das Radio Propagandasendungen für die Nazis verbreitet hatte.

Am 29. November 1912 wurde der DDR-Rundfunkfunktionär Christof Kirschnek geboren. Ab März 1947 war er Chefredakteur beim Landessender Schwerin. 1948/49 studierte er an der Parteihochschule „Karl Marx“. Von 1949 bis 1952 war er Intendant des Landessenders Schwerin und Vorsitzender des Landesvorstandes des Verbandes der Deutschen Presse in Mecklenburg. 1952/53 leitete er die Nachrichtenredaktion im Staatlichen Komitee für Rundfunk. Von 1953 bis 1957 wirkte er als Leiter bzw. als Chefredakteur des Senders Leipzig und 1957/58 als Redakteur der deutschsprachigen Redaktion von Radio Moskau. Von 1958 bis 1962 war Kirschnek Erster Sekretär der SED-Betriebsparteiorganisation im Staatlichen Komitee für Rundfunk. Von 1962 bis 1968 war er Stellvertreter des Vorsitzenden und bis 1971 Mitglied des Staatlichen Komitees für Rundfunk. Von 1962 bis 1971 war er schließlich Intendant von Radio Berlin International.

Nekrolog:

Am 29. November 2008 starb der legendäre Programmdirektor von "Boss Radio", Bill Drake, im Alter von 71 Jahren an Lungenkrebs.

Quellen:

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