Samstag, 3. Dezember 2016

30 Jahre und kein bisschen leise


Am 3. Dezember 1986 änderte sich die Radiolandschaft im Großraum Nürnberg nachhaltig.  Damals hatte es in Bayern nur drei Radioprogramme auf UKW gegeben: Bayern 1, Bayern 2 und die Servicewelle Bayern 3. Dazu kamen weitere Radiosender auf Mittel- und Kurzwelle.


Die US-Streitkräfte hatten mit dem AFN ihr eigenes Radio dabei. "American Forces Network" sendete damals auch noch auf der Mittelwelle, UKW kam erst viel später. 

Sendestart vom Fernsehturm

An diesem 3. Dezember pünktlich um 10.00 Uhr nahmen der Präsident der Oberpostdirektion Nürnberg, Dr. Karl Mauser, der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Rudolf Mühlfenzl, und der Nürnberger Oberbürgermeister, Dr. Andreas Urschlechter, als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Mittelfränkischen Kabelgesellschaft, Region 7, vier UKW-Sender der Bundespost in Betrieb, über die bis heute die Programme der privaten Anbieter abgestrahlt werden. Bianca Bauer-Stadler, die Redaktionsleiterin der "Neuen Welle Franken" (Radio Charivari) sprach die ersten Worte, die auf allen vier Programmen zu hören waren.

Ein vollkommen neues Hörgefühl

Der Bayerische Rundfunk sendete damals neben ausführlichen Wortbeiträgen vor allem bayerische Volksmusik und deutsche Schlager, dazu ganz wenig "Beatmusik", wie es damals hieß. Englischsprachige Musik lief meistens im Jugendfunk, das war vor allem der "Club 16" auf Bayern 2. Die Moderatoren pflegten den langsamen und gemütlichen Plauderton, damit die Hörer auch verstanden, was die Moderatoren sprachen. Musiktitel wurden noch mit einer kleinen Pause zwischen Wort und Musik angesagt, damit die Hörer ihre Tonbandgeräte einschalten und mitschneiden konnten - in heutigen Zeiten, da die Industrie überall Raubkopierer vermutet, undenkbar.


AFN war das genaue Gegenteil davon: Die Moderation nahm den Drive der Musik auf, brachte Informationen rasch auf den Punkt und schon spielte der nächste Musiktitel und der Moderator quatschte auch in den Titel hinein. Ramptalk war für den Tonbandfan von damals der absolute Horror. Für die junge Generation von heute, die mit Privatradios aufgewachsen ist, mag das inzwischen eine normale Hörsituation sein. In den späten Sechzigern und frühen Siebzigern war das dagegen noch etwas ganz Besonderes.

Und genau der AFN war damals das Vorbild der Nürnberger Lokalfunker. Das lag an Michael Hans Haas, dem Berater der ersten Stunde bei der Neuen Welle Franken (NWF, später Radio Charivari). Als Leiter des AFN-Studios in Nürnberg hatte Haas den fränkischen Sender zur erfolgreichsten AFN-Station in der Bundesrepublik aufgebaut.

30 Jahre lang sendete AFN aus dem 6. Stock des Bavarian American Hotels in Nürnberg, und genau dort durften die künftigen Radiomoderatoren erleben, wie Radio nach amerikanischem Vorbild gemacht wird. Haas nahm sie mit in die Morningshow und schuf Moderatorenpersönlichkeiten, wie es sie bis dato in Deutschland nur selten gegeben hatte - mit Ausnahme von Thomas Gottschalk und Fritz Egner vielleicht, aber auch Egner hatte seine Karriere beim AFN begonnen.

Der lange Weg zum Sendestart

Flyer von Radio Charivari zum Sendestart
Die Radio-Unternehmer und Mitarbeiter der Sender hatten mehr als zwei Jahre auf ihre Stunde Null warten müssen.  Bereits im Sommer 1984 stellten die Betreiber der ersten Privatradios Techniker, Moderatoren und Redakteure ein, um für den Tag X gerüstet zu sein. Mike Haas war damals bereits am Start und bildete für die Neue Welle Franken vielversprechende Moderatoren aus. Im Februar 1985 bekamen die ersten Mitarbeiter der Haas-schen Schule ihre Verträge. Im ersten Jahr arbeiteten sie für das Kabelpilotprojekt in München und lieferten redaktionelle Inhalte zu.

Während die Nürnberger Radiomacher darauf brannten, endlich auch in ihrer Heimatregion senden zu dürfen, war hinter den Kulissen ein harter Verteilungskampf um die vier neuen UKW-Frequenzen entbrannt. Nicht nur Verleger, auch Kirchen, Vereine, Einzelpersonen und Interessensgruppen wollten Radio machen und mussten von den Verteilgremien angehört und in den meisten Fällen auch berücksichtigt werden.

In den Sitzungen der der Mittelfränkischen Kabelgesellschaft wurden die Interessenten zusammengebracht, um Anbietergemeinschaften zu gründen. Es war klar, dass kein Anbieter eines Radioprogrammes eine Frequenz für sich alleine beanspruchen konnte.

Die Geschichte der einzelnen Sender zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Sie hätten es verdient, einzeln vorgestellt zu werden, was vielleicht noch kommt.

Endlich im Kabel


Ab dem 3. Februar 1986 konnten  die rund 43.000 Kabelkunden der Bundespost in Nürnberg, Fürth und Stein (Landkreis Fürth) endlich zwei Lokalsender empfangen, das waren die "Neue Welle Franken" (später Radio Charivari) und Radio Franken (Radio F). Kurz vor dem Frequenzstart auf UKW speiste auch Radio Gong sein Signal in das Nürnberger Kabelnetz ein.

In einem kleinen Umkreis um das Kaufhaus Horten in der Nürnberger Südstadt waren die Kabel der Bundespost nicht ausreichend isoliert, so dass die Kabelfrequenzen dort tatsächlich auch in die Luft abstrahlten. Viele Radiomoderatoren fuhren damals immer wieder in die Gegend, um die Kabelprogramme auch einmal im Autoradio hören zu können.


Der Weg ins Funkhaus

In den folgenden Jahren lieferten sich die Nürnberger Sender einen harten Kampf um den lokalen Werbemarkt, der sich für vier Sender als zu klein erwies. 1992 standen sie vor der Existenzfrage: Entweder müssten zwei Sender ihre Programme einstellen, oder alle vier Sender würden fortan zusammenarbeiten. Die Betreiber entschieden sich für letzteres und gründeten die Funkhaus Nürnberg Betriebs GmbH, in der die Programme seit dem 1. 1. 1995 zusammengeschlossen sind.

Die Nürnberger Lokalsender der ersten Stunde sind in Nürnberg und Umgebung auf folgenden UKW-Frequenzen zu empfangen:

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