Am 18. August 2019 ist Sonny Hennig gestorben - Radiokollege, Deutschrock-Ikone und Autor.
Statt eines Nachrufs hier der Text über Sonny für das Buch "Nürnberger Originale", das 2010 erschienen ist und für das mir Sonny damals ein langes Interview gegeben hat.
Sonny Hennig - Nürnberger Rock-Ikone
„Nürnberg ist eine Stadt der Herzlichkeit“
Sonny
Hennig ist zwar kein gebürtiger Nürnberger – aber dafür im Herzen ein Franke! In
Thüringen geboren kann er sich an etliche Situationen erinnern, obwohl er erst
vier Jahre alt war.
„Wir
sind auf dem Weg nach Nürnberg in Bebra umgestiegen, die DDR gab es noch nicht;
überall war russisches Militär“, erinnert sich Hennig
Er
ist in den 50er Jahren hinter dem Nordklinikum aufgewachsen. Viel Ruinen, auch
das Schwesternwohnheim war eine einzige Ruine. So hat er Alteisen gesammelt und
dafür 50 Pfennig bekommen, die gleich in Eis umgesetzt wurden.
„Wenn
ein Auto den Kirchenweg entlang kam haben wir alle geschrieen“, meint er.
Wie
er zur Musik kam? Es ging spät los, denn er hat alle Instrumente autodidaktisch
gelernt. Er erinnert sich noch gut an seine erste Klavierstunde. „Da hat die Lehrerin
gesagt, dass das nichts wird. So musste ich mir das selber beibringen. Ich habe
gerne mit verbundenen Augen gespielt; Keyboard oder Schlagzeug“, schmunzelt
Hennig, „ich musste die Musik fühlen“.
Bob
Dylan hatte großen Einfluss auf seine Musik. Später lernte er Ernst Schulz kennen, der ihn in Paris angesprochen hat.
„Er
sagte zu mir: „Willst du nicht in die Rockband einsteigen? Wir haben dann Telefonnummern
ausgetauscht. Er hat wohl gesehen, dass ich aussah wie Mick Jagger. Ich ging
mit zu den Proben und habe mir das angehört. Dann haben wir ein paar Songs
eingeübt.“
Sonny
Hennig und die Band waren die ungekrönten Häupter. Die Mädels haben gekreischt.
Wenn er die Straßenbahn gewechselt hat, waren gleich Teenager um ihn. „Wir
waren die Rolling Stones von Nürnberg“, zwinkert Hennig.
Sonny
Hennig und die Empire State Band haben viel bei den Amerikanern gespielt. Dort
lernte er einen schwarzen GI kennen, mit dem er Kontakt pflegte. 1967 ging er
nach New York und wohnte bei ihm in Harlem. Sonny war oft der einzige Weiße auf
der Straße. Er spielte viel Soulmusik. Hinterfragte diese Musik aber oft.
„Ich hatte das Gefühl nicht glaubwürdig zu sein“, meinte Hennig, „das war nicht unser Ding in kultureller Hinsicht. Also sagte ich zu der Band, wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir etwas machen was die Amis nicht können. Wir sind Deutsche, warum sollten wir dann nicht deutsche Musik spielen?“
Allerdings
wollten sie sich vom deutschen Schlager abheben. Eine Alternative musste her.
Texte waren ihnen wichtig. Sie wollten etwas sagen, human sein, etwas
ausdrücken, mit kritischen Texten – das
zeichnete ‚Ihre Kinder’ aus.
Damit
war ‚Ihre Kinder’ geboren, die erste deutsche Rockband. Hennig glaubt, dass
Deutsch-Rock früher oder später populär geworden wäre. „Wir waren halt einfach
schneller!“, sagt er. Es gab einige Nachahmer in den 70ern, wie Ton Steine Scherben
und Udo Lindenberg. Sie haben sich öfter getroffen. „Lindenberg hat das auch
schnell begriffen mit dem Deutsch singen.“
Warum
sie nicht den Erfolg hatten, lag eindeutig am Bayerischen Rundfunk, der der
Band keinerlei Unterstützung gewährt hat und an Nürnberg. Der Südwestfunk
allerdings hat sie oft gespielt. Damals gab es noch keine Privatsender. In
jedem Bundesland war ein öffentlich-rechtlicher Sender und viele Redakteure hatten damals ein Problem
mit politischen Texten.
„Ein
einziger Song ist im Bayerischen Rundfunk gelaufen“, sagt Hennig, „nämlich,
Wenn Liebe das ist.“
Die
Band hat viel live gespielt. ‚Ihre Kinder’ war eindeutig anders, schon allein
wegen der ansprechenden Texte. „Wir hätten uns damals auf wichtige Auftritte
konzentrieren sollen“, meint Sonny Hennig, „wir waren jung und unerfahren. 20 Tage
pro Monat on tour, das ist sehr anstrengend. Für Außenstehende wirkte das so,
als wenn wir viel Spaß hatten. Es gab Studentenverbindungen, zum Beispiel die Maoisten
oder Trotzkisten. Nach den Konzerten wurde immer heftig diskutiert, aber das
war sehr stressig und aufreibend.“
Sonny
Hennig erinnert sich an Klaus Kinski, mit dem er zusammen aufgetreten ist.
Kinski wollte eine Bibellesung veranstalten und ‚Ihre Kinder Songs’ einbauen.
Die ganze Lesung endete in einem Desaster. Sie haben nur zwei Wochen zusammen
gearbeitet.
„Kinski
wollte mich kennen lernen. So bin ich mit gemischten Gefühlen nach München
gefahren. Als ich in das Zimmer ging, in dem er auf mich wartete, lachte mich
Kinski an und meinte: ‚Mein Gott, du hast ja auch so eine Fresse!’, ich habe
ihn als hoch professionell erfahren. Er war schwierig, immer wenn
Öffentlichkeit dabei war. Er war der Kumpel schlechthin. Natürlich gab es auch
Streit und Probleme. Er war halt ein Typ, der nie die Hintertür nahm.“
Kinski
wurde gewarnt eine Bibellesung in Berlin zu veranstalten. Die APO war präsent.
Er hat es wohl nicht verstanden. Die Veranstaltung artete in einen großen
Tumult aus. Die Tagesschau sendete einige Szenen. „Vielleicht wäre eine
sphärische Band im Hintergrund besser gewesen“, meint
Hennig. Er ist dann wieder zum Geldverdienen zurück zu den Amiclubs und ins
eigene Studio.
Vor
etwa drei Jahren hat Hennig begonnen kleine Geschichten aus der Ursprungszeit,
Mitte der 60er Jahre, aufzuschreiben. Er will sie „Rockmanns Erzählungen“
nennen und er hofft, dafür einen Verleger zu finden.
Hennig
ist Nürnberger und Kosmopolit. Es hat ihn geprägt, viel unterwegs gewesen zu
sein. Für ihn ist Nürnberg die charmanteste Großstadt, die er kennt. „Allmächd“
sagt er, wenn er an den Nürnberger denkt. Für ihn sind Günter Stössel,
Maximilian Kerner (Lyriker, Musiker, Grafiker und Buchhändler, gest. 2005)
und Bernd
Regenauer Nürnberger Originale. Sie transportieren das ‚Nürnberg sein“
authentisch und auf sehr gute Weise.
Nürnberg
und seine Architektur hat sich nicht unbedingt zum Positiven verändert. Er
kennt den Wöhrder Talübergang noch als Schotterpiste. Und er denkt dabei auch
an das Lindestadion. Auch der „Club“ hat sich verändert.
„Nürnberg
war schon immer etwas problematisch, aber das macht die Franken auch charmant.
Es langt halt immer nicht ganz“, sagt Hennig.
Das
Schönste für ihn war immer nach seiner ‚Rumreiserei’ zurück nach Hause, nach
Nürnberg, zu kommen. Er liebt an seiner Stadt die Gemütlichkeit, die noch nicht
ganz verloren gegangen ist. Dabei betont er das Wort ‚noch“ besonders.
„Warum
kann man nicht etwas so belassen wie es ist. Gerade, wenn man feststellt, dass
es funktioniert. Das Internet ist sicher gut, aber es hat auch viel Schlechtes
gebracht. Natürlich ist es auch schön, wenn man immer über Handy erreichbar
ist. Aber muss man das wirklich sein? Technik - schön und gut – es kommt darauf
an, wie man damit umgeht.“
Der Text von Ursula Schmidt-Spreer und Roland Rosenbauer ist im Buch Nürnberger Originale zu finden.
- Gebundene Ausgabe: 368 Seiten
- Verlag: Wellhöfer Verlag (31. Oktober 2010)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3939540552
- ISBN-13: 978-3939540557
Ich habe mit Sonny als Roadie lange gearbeitet.
AntwortenLöschenDabei war er mir als "Boss" und auch als "Brother" oder
Kumpel immer zur Sèrie gestanden. Er der mutig als Musiker und als Mensch. Er der Rocker und Soulman.
Gesanglich mit allen Western gewaschen. Sein Keyboardspiel eigenwillig und lebendig.Sein Gitarre-
-Harpspiel stark intuitiv. Mit Sonny wars nie langweilig. Ein streitbarer aber friedlicher Caracter.
Er hat sich, wenn es drauf ankam, fuer einen eingesetzt.
Ein "erdiger Typ" im risky showbusiness.
In schwierigen Zeiten der Deutsche Musikscene etwas progressive RockMusik zu geben.
Servus Meistersinger Sonny!
sorry fuer die Fehler beim Schreiben. Bin halt kein Nerd.
AntwortenLöschenN."Babie" Jahnke
Wichtig ist doch, dass es rüberkommt,was du meinst. Und das tut es!
LöschenMorgen heißt es Abschied nehmen von Sonny. Traurig ... es werden sicher viele Weggefährten dabei sein. Auch ich erinnere mich gerne an viele Stunden mit Sonny - von unserer gemeinsamen Schulzeit ab (Sonny war eine Klassenstufe höher als ich)- über die diversen Kneipen mit Live Musik (das Tabu etc.) bis hin zu gemeinsamen Treffen bei Sushi im Osaka - um nur einige zu nennen ...
AntwortenLöschenIn Memorim - R.I.P.
Henny